Workshop XII, Oliver Ressler, 10. September 2020
Oliver Ressler beschäftigt sich mit Alternativen zum Kapitalismus, mit der globalisierten Wirtschaft, mit Migration und Widerstand. Sein Fokus auf die Klimakrise begann 1996 mit seiner Installation 100 Jahre Treibhauseffekt inspiriert von den Schriften des schwedischen Wissenschaftlers Svante Arrhenius (1859-1927) über die globale Erwärmung sowie neueren Arbeiten zu nachhaltiger Entwicklung.
Seither wuchs sein Interesse an der Klimabewegung und ihren Aktionen zivilen Ungehorsams, und er begann diese Protestaktivitäten zu dokumentieren. Everything’s coming together while everything’s falling apart (2016-2020) ist eine 6-Kanal-Videoinstallation, die sich auf direkte Aktionen und darauf wie solche Proteste organisiert werden, konzentriert. Seine Arbeit zielt auch darauf ab, der vorherrschenden Berichterstattung in den Medien entgegenzuwirken, die Einzelfälle zeigt statt eine globale, langfristige Bewegung zu dokumentieren. Carbon and Captivity (2020) über das Technology Center Mongstad (TCM) diskutiert CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), eine Technologie, die die norwegische Regierung und Erdölunternehmen als öffentlich subventionierte Klimatechnologie zu etablieren versuchen.
Ernst Logar fragt Oliver Ressler nach seiner Oil Spill Flag (2020), einer fotografischen Darstellung von verschüttetem Rohöl auf der norwegischen Flagge für seine Installation auf dem Fahnenmast vor dem Tromsø Center for Contemporary Art. Oil Spill Flag löste einen Skandal aus und wurde zweimal gestohlen, zuerst von Gunnar Nerdrum, einem ehemaligen Anwalt des Obersten Gerichtshofs von Norwegen, der gestand, dass er sie gestohlen hatte, weil er das Beschmieren dieses Symbols der Nation nicht ertragen konnte. Während der Wohlstand Norwegens darauf beruht, trägt der Erdölverbrauch des Landes zur Zerstörung des Lebensunterhalts der Menschen im globalen Süden bei. Man kann das als „Klimarassismus“ betrachten: „Wir“ (im Westen) ziehen daraus Vorteile, während Menschen, die in Ländern leben, in denen Öl gefördert wird und in den verarmten Gemeinschaften im globalen Süden, nichts davon haben.
Oliver Ressler sieht seine Arbeiten als Werkzeuge, um zu informieren und zu helfen sich zu mobilisieren. So werden seine Filme neben der Präsentation in Kunsträumen in aktivistischen Kontexten verwendet und sind auch online verfügbar. Oliver Ressler sieht Klimawandel nicht als Folge einer Unwissenheit, die verhindert, dass Menschen kritische Zusammenhänge herstellen. Für ihn handelt es sich hierbei um ein wirtschaftliches, nicht etwa um ein psychologisches Problem. Es ist eine Frage von Kapitalismus und Machtverhältnissen. Er sieht die einzige Möglichkeit auf Veränderungen hinzuarbeiten darin, auf der Straße aktiv zu sein. Wir sollten dazu beitragen, die bestehende Bewegung stärker zu machen.
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