Workshop XXVIII, Kinga Kiełczyńska, 12. Oktober 2021
Die polnische Künstlerin Kinga Kiełczyńska stellte eine Auswahl ihrer Projekte aus der Perspektive der Ökonomie der Kunstwerke vor, also in Hinblick darauf, wie sie hergestellt wurden, welche Materialien benutzt wurden, und was am Ende von Ihnen zurückbleibt. Kiełczyńskas künstlerischer Ansatz und ökologisches Bewusstsein sind in ihrem „Reductionist Art Manifesto“ (2009) zusammengefasst. Punkte wie „Nutze das Vorhandene, statt Unnötiges zu schaffen und den physischen und mentalen Raum zu verschmutzen!“ sind als Metapher zu verstehen.
An das Manifest erinnernd, verwendet ihr Film ten millions +1 (the activists) (2018-19) von den Aktivist*Innen selbst gesammeltes Filmmaterial, um ihren Kampf zur Verteidigung des Białowieża-Waldes, eines Naturschutzgebietes, vor zunehmender Abholzung zu erzählen. Neben den gewaltsamen Kämpfen von Aktivist*Innen und Polizei schafft es ten millions +1 auch die Schönheit des Waldes zu offenbaren, den Kiełczyńska als einen unverwechselbaren Ort beschreibt, der vom Geruch verfaulter, nasser Vegetation geprägt ist. Der Film ist eine Hommage an die Aktivist*Innen und ihren beispiellosen Sieg.
Białowieża: Ebay Meditation Room (2017) ist eine weitere vom Wald inspirierte Arbeit. Die Installation besteht aus einem Boden aus unbehandeltem Holz und einer Mind Map, einer Abbildung des Bodens und seiner Anordnung, die an der Wand desselben Raums präsentiert wird. Auf dem Bild sind Details wie Spuren in der Rinde oder ein Einschusslock aus dem Zweiten Weltkrieg in dem für den Boden verwendeten Holz detailliert dargestellt. Der Titel der Arbeit spielt auf Kiełczyńskas langjährige Beschäftigung mit der Zen-Philosophie an. Um die Kommodifizierung natürlicher Ressourcen zu kommentieren, hat sie den Holzboden für 1 Euro bei eBay zum Verkauf angeboten. Gekauft wurde er jedoch nicht, und die Bretter werden nun langsam für neue Zwecke weitergegeben.
Kiełczyńskas Arbeiten versuchen, die sinnliche Schönheit der Natur zu vermitteln, wobei eine Reihe von Texten ihren Ideen Struktur geben. So ist ihr Film ten millions +1 (the hermit) (2018-19) von Michael Finkels The Stranger in the Woods (2017) inspiriert, einem Buch über einen Mann namens Christopher Knight, der sich in den Wald zurückzog und 27 Jahre lang isoliert lebte Jahre. Der Film inszeniert Knights Bemühungen, keine Spuren zu hinterlassen und interpretiert diese fehlende Rückverfolgbarkeit im Wald als buchstäblich keinen CO2-Fußabdruck. Ein weiterer Film, On the Ruins of Progress (2020-21), ist vom 1972 erschienenen Bericht The Limits to Growth inspiriert, der basierend auf Computersimulationen den ökologischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch innerhalb eines Jahrhunderts vorhersagt, und das Bewusstsein für die Endlichkeit unseres Planeten schärfen soll.
Kiełczyńska zeigt abschließend einige Öko-Memes, die Teil des aktuellen Phänomens des „Internet-Öko-Aktivismus“ sind und ihrer Meinung nach neue kreative Möglichkeiten eröffnen können, insbesondere aufgrund ihrer spielerischen Kapazität.
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